Postzustellerin stakt in ihre dritte Saison
Andrea Bunar liefert im Spreewalddorf Lübbenau-Lehde die Post mit dem Kahn aus. Sie stellt von April bis Oktober über die Fließe zu. Diese rund 110 Jahre alte Tradition ist bundesweit einmalig. Bei Spreewaldbesuchern und Einheimischen ist die Postfrau deshalb ein beliebtes Fotomotiv.

Andrea Bunar stakt die Post mit dem Kahn zu den Bewohnern von Lehde.
Andrea Bunar beugt sich weit über das Wasser, bis sie einen Briefkasten erreicht, den ein kleines Gurkenfass dekoriert. Sie versengt zwei Briefe darin und stößt sich mit ihrem Rudel ab. Das sogenannte Rudel ist eine vier Meter lange Schubstange, mit der die Zustellerin den neun Meter langen Aluminiumkahn voranschiebt. "Das Gurkenfass ist neu. Die Anwohner in Lehde haben besonders kreative Briefkästen. Blumendeko ist dieses Jahr in", sagt Andrea Bunar. Und einen weiteren Unterschied gibt es hier: Die meisten Kästen hängen ganz nah am Ufer, so dass die Zustellerin nicht einmal vom Kahn steigen muss, um die Post einzuwerfen.
Mehr als 600 Briefe und Karten sowie 40 Pakete stellt Andrea Bunar auf diese Weise pro Woche allein auf den Fließen zu. Weitere Sendungen bringt sie vorher mit dem Auto zu ihren Kunden in Lübbenau. Pro Kahntour legt Andrea Bunar acht Kilometer zurück. Mit reiner Muskelkraft. Bis zum Saisonende kommen dabei 1100 Kilometer zusammen, eine Strecke die von Berlin nach Helsinki reicht. Ist das nicht anstrengend? "Als ich vor acht Jahren die ersten Runden gedreht habe, hatte ich ganz schön Muskelkater. Kurz nach dem Saisonstart geht mir das auch jetzt noch so", gesteht die schlanke Frau mit dem Kurzhaarschnitt. Die Fertigkeit mit dem langen Fahrzeug durch die schmalen Fließen zu staken, auf dem Kahn Pakete zu balancieren, in denen manchmal sogar Hollywood-Schaukeln, Gartenhecken und Fahrräder verpackt sind, die vergeht über den Winter jedoch nicht.
Auch bei Windböen schafft es Andrea Bunar, den Kahn ruhig zu halten. Für überraschenden Sturzregen ist sie ebenfalls gewappnet. Andrea Bunar hat eine Plane dabei oder stellt den Behälter mit den Sendungen beispielsweise bei einem der Ausflugslokale unter bis die Regenwolken weitergezogen sind. An den drei Gaststätten auf ihrer Tour hält sie sowieso jedes Mal. Nicht aber zum Speisen oder Kaffeetrinken, sondern weil Andrea Bunar dort die Briefkästen leert, in dem die Anwohner und Besucher ihre Briefe auf den Weg bringen. Sie können Andrea Bunar ihre Sendungen aber auch direkt mitgeben und zudem Brief- und Paketmarken bei ihr kaufen. Denn die Spreewälderin bietet ihren Kunden den Service einer kleinen "Wasserpostfiliale" an.
Die Aufgaben der Kahnzustellerin sind vielfältig und für Andrea Bunar ein Traumjob. "Ich arbeite dort, wo andere Urlaub machen. Die Stille und die Nähe zur Natur einerseits, die ausgelassenen Gespräche mit meinen Kunden und den Spreewaldgästen andererseits, das macht meine Zustelltour ganz besonders für mich."